Papst + Mittelalter = Erfolg

Sönke Wortmanns Romanverfilmung “Die Päpstin”

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Der Titel ist kurz und plakativ. “Die Päpstin” (im Original: “Pope Joan”) verspricht eine Geschichte, die es    nicht geben kann und nicht geben darf.  Doch es existiert die Legende einer Frau auf dem Papst-Thron. Diese Gerüchte aus grauer Vorzeit  hat sich die amerikanische Schriftstellerin Donna Woolfolk Cross vorgenommen und daraus 1996 einen Bestseller gestrickt. Die Gleichung: Papst plus Mittelalter gleich Erfolg ging auf, denn der Roman verkaufte  sich allein in Deutschland fünf Millionen Mal. Der Vatikan ist nicht erst seit der vom Boulevard initiierten “Wir sind Papst”-Kampagne nach der Wahl des deutschen Erzbischofs Joseph Ratzinger zum Oberhaupt der katholischen Kirche  von geradezu außergewöhnlichem Interesse. Was passiert hinter den Mauern der Heiligen Stadt? Immer wieder gab es Gerüchte über  Ränke, Intrigen, dunkle Machenschaften und Verbrechen an diesem mysteriösen Ort der Heiligkeit. Warum also sollte es nicht einen weiblichen Papst gegeben haben, dessen skandalöse Existenz  natürlich aus den kirchlichen Annalen getilgt worden ist? Historische Belege liefert Donna Woolfolk Cross nicht, aber die existieren auch  über König Artus   nicht. Bestseller schreien geradezu nach ihrer Umsetzung als Kinostoff. Die Comstantin, in der Vergangenheit mit internationalen Romanverfilmungen wie “Der Name der Rose” oder “Das Geisterhaus” erfolgreich, hat “Die Päpstin” jetzt in die Kinos gebracht – allerdings nicht ohne eine Menge Anlaufschwierigkeiten.

Ursprünglich sollte Volker Schlöndorff den Roman in  Filmsprache umsetzen, doch der renommierte Regisseur stieg aus dem Projekt aus, weil er neben der Kinofassung parallel einen für das Fernsehen gedachten Mehrteiler drehen sollte. Die Constantin verpflichtete Sönke Wortmann, der sich bisher vor allem mit Komödien und als Dokumentar der deutschen Fußballnationalmannschaft einen Namen gemacht hatte.  So richtig viel ist Wortmann denn zu dem Thema nicht eingefallen. Brav erzählt er die Romanvorlage nach und schildert den Weg der blitzgescheiten Johanna aus ihrem kleinen Weiler Ingelheim über die Scola in Dorstadt und das Kloster Fulda bis hin nach Rom, wo sie zuerst Medicus des Papstes wird und im Jahr 847 selbst den Heiligen Thron besteigt – als Mann verkleidet.

Wortmann zeigt das Mittelalter mit allen Klischees. Weil es eine düstere Zeit ist, wird nur im Halbdunkel gedreht, selbst bei Außenaufnahmen bleibt es immer etwas neblig, so wäre die Sonne ein paar Jahrzehnte lang nicht erschienen. Anders  Rom: Die Sonne reflektiert so stark von den Mauern der  südliche Metropole, dass man geneigt ist, im Kino zur Sonnenbrille zu greifen. Man erfährt, dass Mädchen und Frauen im Mittelalter Menschen zweiter Klasse waren und es damals furchtbar dreckig war. Die Kostüme der Darsteller und Komparsen wurden eigens durch den Dreck gezogen, um ein möglichst “authentisches” Mittelalter zu zeigen.

Eigentlich hätte  die kleine Johanna aus Ingelheim in diesen Zeiten keine Chance gehabt, diesem Leben als hart arbeitende Gebärmaschine zu entgehen, doch ihr Leben erscheint wie eine Aneinanderreihung von Sechsern im Lotto. Der Zehnjährigen gelingt die Flucht aus den Fängen des strengen Vaters (Iain Glen) , sie wird in die nur Jungen vorbehaltenen Scola aufgenommen, sie findet einen Ritter, der sie fördert, und als sie  gegen ihren Willen mit dem tumben Sohn eines Schmieds verheiratet werden sollen,  stürmen die Normannen 30 Sekunden vor Johannas “Ja”-Wort die Kirche, richten ein Blutbad an, aber der Heldin gelingt die nächste Flucht. Am Ende wird sie zum Papst Johannes Anglicus gekrönt und man fragt sich: Wie konnte es jahrelang unbemerkt bleiben, dass sich hier eine Frau für einen Mann ausgibt?

Wortmann und auch der Hauptdarstellerin Johanna Wokalek gelingen es in diesen 148 Minuten nicht, die Protagonistin mit einer Aura zu umgeben, die diese beispiellose, eigentlich unmögliche Berufung plausibel macht. Ihre inneren Kämpfe – die Liebe zu Gott  steht gegen die Liebe zu ihrem Förderer, dem Grafen Gerold ((David Wenham) – werden nicht besnders tief ausgelotet.  So bleibt “Die Päpstin” nur ein Stück biederes deutsches Mainstream-Kino und für den Fußballer Wortmann die Erkenntnis, dass er sich auf sehr seifiges Terrain begeben hat.

Die Päpstin D 2009, 148 Minuten, R: Sönke Wortmann, D: Johanna Wokalek, John Goodman, David Wenham, Iain Glen

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